Klare Haltung

Studien in Deutsch­land und in der Schweiz haben gezeigt, dass 75 % aller Kinder, die in statio­nären Einrich­tungen der Jugend­hilfe aufge­nom­men werden, trauma­tische Erfahr­ungen gemacht haben (Weiss, 2013). 

Andere Unter­suchungen zeigen, dass sich die Kinder in Wohn­gruppen, die über trauma­pädagogisch geschultes Perso­nal verfügen, besser aufge­hoben fühlen. Sie werden nach eigenen Aus­sagen angemes­sener wahr­genom­men, mehr respek­tiert und beschützt (Macsenaere/Klein 2011).

Erklärbar ist dies insbeson­dere durch die Grund­haltung der Päda­gogen und Pädago­ginnen. Denn im Zentrum dieser Grund­haltung steht die Annahme des „guten Grundes“. Das Ver­halten, das die Kinder zeigen, wird vor dem Hinter­grund ihrer Vorge­schichte zu deuten und verste­hen versucht. Es wird als Über­lebens­strategie bewertet, die für die Mädchen und Jungen funktional ist – so sehr das daraus resul­tierende Handeln und Verhalten zunächst auch erstaunen, provo­zieren oder bestürzen mag. 

Diese positive und konstruk­tive Grund­haltung bildet das Funda­ment der gesamten trauma­pädago­gischen Arbeit. Ihr Kern ist die Wert­schätzung der jungen Menschen – und ihr Bezugs­punkt ein kind­liches Verhalten, das nicht als Stör­faktor, sondern als Leistung verstanden und respek­tiert wird. Dies heißt nicht, dass alle Aktivi­täten der Kinder zu toler­ieren sind – im Gegenteil: es ist Teil der päda­go­gischen Praxis, Grenzen zu setzen und auf die Ein­haltung von Regeln zu bestehen. Die Heraus­forderung liegt darin, die richtige Balance zu finden.

Traumasensible Arbeit stellt hohe Anfor­der­ungen an die Päda­gogen und Pädago­ginnen – auch in persön­licher Hinsicht: Geduld, Empathie, Fein­fühligkeit, Reflexions­fähigkeit und eine ausge­prägte Selbst­kenntnis zählen dazu. Auch ob man mit Freude bei der Arbeit ist oder nicht, spielt eine erheb­liche Rolle, denn Freude wirkt bekanntlich „ansteckend“. Sie kommt den betreu­ten Kindern zugute. Zugleich bedarf es eines umfang­reichen Fach­wissens, um ange­messen und kompe­tent mit wechselnden (oder situativen) Heraus­forder­ungen umzugehen.

Die KEW hat sich darauf auch strukturell und organisatorisch eingestellt – etwa im Rahmen eines Personalentwicklungskonzepts. Unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen werden regelmäßig geschult und fortgebildet. Kontinuierliche Supervisions-, Reflexions- und Feedback-Runden zählen zu den Routinen unserer alltäglichen Praxis. Denn uns ist nicht nur daran gelegen, eine verstehende Grundhaltung zu leben. Wir wollen sie auch lebendig halten.